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IMG_1022Number 18 of December’s countdown to Christmas is again a German interview. Say hello to Alex from Hanover.

Alex Stichternath ist für ein Austauschsemester in Helsinki. Wir sprachen über geheime Lieblingsorte und warum Sprachmissverständnisse dazu führten, dass er statt einer heißen Zitrone in den Genuss einer heißen Orange kam. Und wer weiß, vielleicht wird er einmal der jüngste Pastor Niedersachsens.

Was studierst Du? Ich studiere evangelische Theologie.

Woher kommst Du ursprünglich? Ich bin in Hannover geboren und studiere jetzt in Göttingen.

Wie lange wird es dauern, bis man Dich in Niedersachsen in einer Kirche als Pastor antreffen kann? Noch ungefähr sieben Jahre und das, obwohl ich schon im siebten Semester bin. Die Regelstudienzeit sind zehn Semester, dann zwei Semester für die alten Sprachen und danach gibt es noch ein Vikariat, das dauert dann noch mal knapp drei Jahre. Das heißt, es vergehen neun Jahre vom ersten Unitag bis zum ordinierten Pastor. Die Geduld muss man mitbringen. Ich hab mit 18 Jahren angefangen zu studieren, also wenn alles gut geht, bin ich mit etwa 27 Jahren Pastor.

Wieso hast Du Dich für dieses Studium entschieden? Es gab viele andere Berufe, die ich mir hätte vorstellen können, wie Journalist, dann in Richtung Jura und Anwalt, weil ich gerne mit Sprache hantiere, Lehrer hätte ich mir auch vorstellen können, Sozialarbeiter und auch Psychologe. Und wenn Du die Schnittmenge aus all diesen genannten bildest, bist Du schon recht nah am Pastorenberuf. Das ist das was mich fasziniert. Du bist dein eigener Herr und trotzdem hat man den Kontakt zu Menschen. Und dann kommt als ein weiterer Faktor natürlich noch der Grundglaube ins Spiel.

Es gibt auch praktische Aspekte. Die Landeskirche sucht Pastoren – schon jetzt und auch in Zukunft – weil eine Generation alter Pastoren ausstirbt und da gibt es einfach gute Berufschancen.

Wie gefällt Dir Helsinki? Ich fühle mich unglaublich wohl hier. Man fühlt sich nicht fremd, natürlich ist es anders, aber man findet sich schnell zurecht. Die finnische Kultur gefällt mir auch ganz gut, vor allem das Naturverbundene. Ich hab das Gefühl, dass Finnen sehr körperbewusst sind und sich gerne Gutes tun und einfach auch nicht so gestresst sind, wie man das oft von Deutschen kennt; also, dass Menschen durch die Straßen hetzen, das klassische Bild mit Aktentasche und so. Das Gefühl habe ich hier nicht so. Ich versuche, dieses Gefühl mit nach Hause zu nehmen.

Hast Du schon einen Lieblingsort? Ich habe verschiedene Lieblingsorte. Ich war ein paar Mal im Nuuksio Nationalpark. Da ist es unglaublich schön. Manchmal laufe ich auch gern nachts durch die Straßen und bleibe dann irgendwo an der Küste hängen. Ich gehe nach Süden und dann landet man in Helsinki immer am Wasser und setzte mich da manchmal hin, und je nachdem wie klar die Nacht ist, sieht man auch Sterne. Das mag ich gerne. Das vermisse ich in Hannover. Die Distanz zum Wasser ist da ein bisschen groß.

Ein anderer Lieblingsort ist auf dem Dach unseres Wohnheimes, wo man nicht hindarf, aber gut hinkommt. Man muss ein bisschen klettern und sich leise verhalten, dann schmeißt einen der Sicherheitsdienst nicht raus. Wenn man es erst mal nach oben geschafft hat, ist es auch unglaublich schön.

Was hast Du noch vom Land entdeckt? Ich habe nur einen Bruchteil Finnlands erlebt, es gibt so viel was ich noch nicht kenne, aber wir waren mit einem internationalen Chor in einem urigen Ferienhaus echt finnischer Art. Ohne fließendes Wasser, ohne Strom und ohne Heizung und das mit einer größtenteils finnischen Gruppe. Das war im Osten Finnlands in der Gegend von Puumala. Das war eines der besten Wochenenden.

IMG_1014Was ist dein Traum? Einer meiner Träume ist möglichst viele verschiedene Menschen und Kulturen kennenzulernen. Es gibt auch ein paar Länder, in denen ich auch gerne für ein bis zwei Monate leben würde. Ich würde zum Beispiel unglaublich gerne nach Japan oder mal nach Afrika.

Worauf bist Du grade stolz? Ich habe es geschafft, hier in Helsinki viele Menschen kennenzulernen und habe viele Gespräche geführt. Ich glaube, ich bin jemand, der relativ offen auf Menschen zugeht und mit dem es auch leicht ist, nach kurzer Zeit eine relativ tiefe Ebene zu erreichen.

Zum Beispiel habe ich auf einer Fährfahrt nach Stockholm nachts um drei, irgendwo auf dem Meer ein vierstündiges Gespräch mit Finnen darüber geführt, wie sinnig oder unsinnig es sei, an Gott zu glauben und was logisch dafür und dagegen spricht. Ich war Alleinvertreter meines Standpunktes eines Gläubigen und es waren fünf Mediziner, die so ganz andere Weltanschauungen hatten. Was alle nach dieser Diskussion gesagt haben war, wie sehr sie es geschätzt haben, dass man den anderen mit Respekt behandelt hat.

Wenn Du in eine andere Zeit reisen könntest, wohin würdest Du reisen und was würdest Du tun? Ich würde nicht in die Zukunft wollen, also ich bin nicht jemand, der jeden Moment vorplanen muss. Überraschungen sind okay. In der Vergangenheit würde ich ins 12. oder 13. Jahrhundert reisen. Wenn ich mein Wissen aus der heutigen Zeit mitnehmen dürfte, klar, dann hätte ich wahrscheinlich ein Sprachproblem. Ansonsten würde ich ein recht einfaches Leben führen wollen. Ich würde nicht Adliger am Hof sein wollen, sondern wirklich erfahren wollen, wie es einem normalen Menschen, zum Beispiel einem Bauern geht.

Wenn Du einen Tag lang eine andere Person sein könntest, wen würdest Du wählen und warum? Ich glaube, ich würde Stephen Hawking sein wollen. Ich finde sein Leben beeindruckend und es gibt viele Dokumentationen über ihn. Letztes Jahr ist auch ein Film erschienen, in dem er seine eigene Geschichte erzählt, was einen noch viel tieferen Einblick in sein Denken und seinen Alltag gibt. Das wäre bestimmt nicht einfach. Das ist ein hartes Leben, wenn man seine Krankheit bedenkt, aber für einen Tag würde ich diese Erfahrung machen wollen und dann auch wissen, was in diesem unglaublichen Kopf vor sich geht.

Alle meine Fragen zu Weihnachten funktionierten nicht so recht, deshalb nun anders: Was fehlt Dir, um in Weihnachtsstimmung zu kommen? Es sind bestimmte Traditionen. Das hätte ich gar nicht von mir gedacht, aber es gibt einfach Traditionen, die für mich dazugehören. Das ist: Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Der finnische Glögi ist kein Ersatz. Die besondere Stimmung auf Weihnachtsmärkten in Deutschland. Menschen, die zusammenstehen. Das fehlt. Mir fehlt der Schnee, vor allem bei der Dunkelheit. Mir fehlt das Plätzchenbacken. Deutsche Adventslieder. Und Last Christmas nervt jeden, aber es gehört dazu.

Und was hat es mit der heißen Orange auf sich? Ich war krank, bin in den Supermarkt und wollte mir eine heiße Zitrone machen. Aufgrund eines Sprachmissverständnisses und weil diese Orange sehr gelb war, hab ich das Zuhause erst gemerkt und dachte irgendwas stimmt hier nicht. Ich kann nur sagen, es schmeckt nicht gut.

Vielen Dank für das Gespräch und eine schöne Weihnachtszeit!

P.S. Hier geht’s zu Alex’ Blog (zusammen mit fünf anderen Freunden schreibt er über seine Erlebnisse im Ausland).

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